1976 Firebird Trans Am
von Armin Kußler / Street Magazin aus Sarstedt
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Phönix aus der Asche oder die Geschichte vom Blechindianer
Von Armin Kußler

Viele Leser werden sich an eine der Schlüsselszenen aus John Carpenters Verfilmung des Stephen King-Horrorklassikers "Christine" erinnern: Arnie Cunningham entdeckt seinen ´58er Plymouth Fury eher durch Zufall im Vorbeifahren auf einem Grundstück. Weder die eigene Vernunft, noch die plausibelsten Gegenargumente können ihn davon abbringen, sich des vernachlässigten Höllengefährtes anzunehmen.
Gut, ganz so dramatische Folgen, wie im Film, hatte meine, im November 1999 getroffene Entscheidung, den "cameo"-weißen 1976er Firebird Trans Am vom Grundstück einer kleinen Autowerkstatt zu retten, nicht. Auch wenn am Tag des Abtransports so ziemlich alles schief ging, was nur schief gehen konnte.
Bereits im Juli 1998 hatte ich den Firebird in einem kleinen Ort nahe dem niedersächsischen Bad Pyrmont während eines Ausflugs, wie zufällig aus dem Augenwinkel entdeckt. Geschmäcker sind, und das ist gut so, bekanntlich verschieden, aber ich mochte das freundlich dreinblickende "Gesicht" des 76ers, seit solche Exemplare in einigen "Rockford"-Folgen und auch in dem Kultfilm "Driver" auftauchten, immer am liebsten. Ich enterte also das Büro der kleinen Autowerkstatt, die eher auf die Reparatur von Wolfsburger Hausmannskost spezialisiert schien, und erntete zunächst leicht verwunderte Blicke, als ich zu verstehen gab, dass ich ernsthaft am Erwerb des Pontiac interessiert sei. "Der alte Camaro? Den haben wir gerade durch den TÜV gebracht. Der gehört einem 75 Jahre alten Herrn aus der Gegend. Der lässt sich wahrscheinlich noch darin begraben. Nee nee, den gibt der nicht her." Weder rhetorische Künste, noch monetäre Argumente konnten die Chefin der Werkstatt davon überzeugen, wenigstens die Telefonnummer des Eigners preiszugeben. Immerhin konnte ich in Erfahrung bringen, dass der alte Herr den Trans Am im April 1976 als 5 Monate alten Vorführwagen in Hamburg erstanden hatte und seither gerade einmal 49.000 Kilometer damit zurückgelegt haben sollte. Eine ziemlich schluderige Neulackierung hatte der F-Bird nach einigen Blechreparaturen bereits über sich ergehen lassen müssen, wobei Phönix auf der Motorhaube ohne jede Pietät einfach mit übergejaucht wurde und, bis auf den Heckspoiler, sämtliche aerodynamischen Strömungshilfen weichen mussten. Große Pluspunkte konnten das gut erhaltene Interieur, die originalen Wabenfelgen und sogar die werksseitig verbaute Auspuffanlage sammeln. Aber es half alles nichts: Not for sale! Umso verwunderter war ich verständlicherweise, als der Pontiac im November 1999 noch immer angemeldet an seinem angestammten Platz stand. "Doch, doch. Jetzt wäre er schon for sale gewesen.", bekam ich auf meine erneute Anfrage zu hören, "Aber morgen wollte ihn eigentlich jemand abholen." Gut. Angezahlt hatte der aber nix, und es gab bisher auch weder eine schriftliche Vereinbarung, noch eine eindeutige Zusage. "Na prima. Dann nehme ich ihn eben!", suchte ich die Gelegenheit zu nutzen. Und so kam es, dass sagenhaft moderate 500 DM (!!!) gegen Wagenpapiere und Schlüssel getauscht wurden und der Trans Am in meinen Besitz überging. Als mein 7-jähriger Sohn den 400er V8-Motor zum ersten Mal brabbeln hörte, verstand selbst er, was der "alte Oppa" an dem Ding gefunden haben musste und jubilierte: "Cooool!! Mach den noch mal an, Papa!!"
Als ich den Trans Am vor ein paar Jahren in einem Anflug von Leichtsinn zum Verkauf anbot, erhielt ich in einer einzigen Woche über 130 Anrufe aus halb Europa.
Die Tochter meiner Freundin überzeugte mich damals das Auto zu behalten: "Bist du doof?! Den kriegst du doch nie wieder!" Nun ja, wie zwölfjährige Mädchen halt argumentieren. Zumindest tat es Wirkung. Mittlerweile haben wir, der Firebird und ich, das verflixte siebte Jahr hinter uns, und die "Transe" wartet noch immer auf ihren zweiten Frühling. Eines aber ist sicher: Hergeben werden ich den Pontiac nimmer mehr. Phönix wird aus der Asche auferstehen und seine Schwingen werden sich wie einst über die riesige Motorhaube spannen. Der Blechindianer wird seinen Weg irgendwie zurück auf die Straße finden. Es muss ja nicht unbedingt über den Kriegspfad sein...

Street Magazine -Armin Kußler, Sarstedt